Vorstadtleben

von Erik Boß

Foto: Plattenbau in Lichtenberg - (c)2012 - Aufnahmestandort

Mit großen Wohnsiedlungen tue ich mich schwer. Es ist eine Mischung aus Vertrautheit und Scheu. Ich selbst bin am Stadtrand in einer Siedlungen groß geworden, die Häuser nicht so hoch wie hier in Berlin. Als Erwachsener habe ich mich davon zu lösen versucht und die schönen Altbauten in der Nähe der Innenstadt bevorzugt.

Vor kurzem bin ich in der Literatur über einen interessanten städtebaulichen Begriff gestolpert, der in Berlin fast gar nicht benutzt wird, mir aber bei der Einordnung meiner zwiespältigen Eindrücke hilft: Die Vorstadt. Dies sind urbane Gebilde außerhalb des Stadtzentrums, in Berlin außerhalb des S-Bahnrings. Der Autor Wilhelm Genazino, selbst Bewohner einer westdeutschen Vorstadt, hat interessante Aspekte an ihr entdeckt: „Mit der Vorstadt hat niemand etwas vor; sie wird immer nur hingenommen, sie ist nicht zu beseitigen. Ihr Glück besteht darin, dass sie von Stadtplanern als nicht bedeutsam genug eingestuft wird, um modernisiert zu werden. Auf diese Weise ist sie Nutznießerin einer Kunst, die in der Moderne alle verlernt haben – der Kunst, Verhältnisse so zu belassen, wie sie geworden sind.“

Hier in der Vorstadt ist die „Bistroisierung“, welche die Innenstadt „trivialisiert“ hat, ausgeblieben. Die Vorstadt „zieht Menschen an, die sich der Rückständigkeit ihrer Umgebungen verbunden fühlen“. Ist die Vorstadt deshalb eine Idylle? Ganz sicher nicht.

Vielen Dank für das Interesse an meinem Foto-Blog Lächelnd
Erik Boß

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