Terrorangriff auf Weihnachtsmarkt, viele Opfer

von Erik Boß

Macht so ein Terroranschlag eigentlich etwas mit mir? Werde ich jetzt vorsichtiger? Werde ich jetzt nachdenklicher? Werde ich ein anderer Mensch dadurch? Lassen sich diese Fragen überhaupt beantworten?

Am vergangenen Montag ist ein LKW auf den kleinen Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast und hat viele Menschen in den Tod gerissen. Wie alle anderen Terroranschläge zuvor – in Paris, in Ankara, in Brüssel – bekomme ich die Bilder und die Informationen fast ausschließlich durch das Fernsehen und das Internet. Diesmal ist Berlin betroffen – die Stadt, in der ich lebe. Natürlich kenne ich den Breitscheidplatz. Letztes Jahr habe ich dort fotografiert. Darüber hinaus ist dies ein Platz, wo ich sonst nicht hingehe, und die meisten Berliner wohl auch nicht. Ich habe keine schönen Erinnerungen an diesen Ort, keine sentimentalen Erlebnisse, die ich mit ihm verbinde.

Die Opfer des Anschlages kenne ich nicht. Viele Politiker, die jetzt etwas gesagt haben, sind mit ihren Gedanken bei den Familien der Opfer. Wie kann ich in Gedanken bei Menschen sein, die ich nicht kenne? Für mich ist es eher so, dass ich durch einen Terroranschlag wie diesen mit dem Tod konfrontiert werde, und zwar mit dem eigenen und dem von geliebten Menschen. Es ist, als würde ich bedroht. Ich bekomme Angst, dass meine Liebsten getötet werden. Durch einen terroristischen Anschlag werde ich an die Endlichkeit des eigenen Lebens und den möglichen Verlust von geliebten Menschen erinnert.

Viele Berliner und Touristen sind traurig und bringen Kerzen zum Anschlagort. Ich gehöre nicht dazu und werde das auch nicht machen. Ich fände es hilfreich, wenn es gelänge, sich seiner Gefühle bewusst zu sein. So kann es durchaus möglich sein, dass die Trauer um den Tod eines Angehörigen gar nicht dem Angehörigen gilt. Durch dessen Tod bricht sich vielmehr eine Traurigkeit bahn, die die ganze Zeit da war, aber verdrängt wurde. Menschen, die den Tod anderer beweinen, weinen oft auch über sich selbst. Weinen über das eigene Leben. So soll es auch bleiben, denn wenn mir das bewusst wird, dann komme ich gestärkt aus dieser Trauer heraus.

Hat der Anschlag auch etwas mit Politik zu tun? Schwer zu sagen. Die Motive des Täters kenne ich nicht. Der IS hängt sich, wie immer, da rein. Sind wir jetzt im Krieg mit dem IS? Natürlich nicht. Und auch bei uns auf deutscher Seite sehe ich keine Krieger, sondern nur Leute wie Herrn Hocke oder andere AFD-Führer, die auf dem Rücken von Opfern Karriere machen wollen.

Und ich? Werde ich wieder in die Stadt gehen und fotografieren? Ich denke, schon.

Vielen Dank für euer/Ihr Interesse an meinem Foto-Blog.
Erik Boß

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